Mit dem Tod Lebenszeit schenken

Bestatter Sascha Behrens veranstaltet in seinem Bestattungshaus in Friedrichsfehn auch öffentliche Vorträge. Zum Thema Organspende gab es mit Interessierten einen Austausch mit Ursula Meyer (links) aus Bad Zwischenahn (Nierentransplantierte) und Barbara Backer, Vorsitzende des Vereins Organtransplantierte Ostfriesland     Bild: Hilburg Lohmüller

Ein Tod ist endgültig, aber mit der Entscheidung für eine Organspende kann er auch Leben retten oder die Lebensqualität anderer Menschen beträchtlich erhöhen. Bestatter Sascha Behrens hatte zu einem öffentlichen Informationsabend nach Friedrichsfehn eingeladen.

Jeder Mensch hat ein ganz persönliches Datum–den Tag der Geburt, der beim Standesamt gemeldet wird, ein Leben lang im   Personalausweis und allen anderen persönlichen Dokumenten vermerkt ist und der jährlich mehr oder weniger gefeiert wird. Es gibt aber
auchMenschen, die jedes Jahr an einem weiteren Datum ihren „zweiten“ Geburtstag feiern. Das ist der Tag, an dem diese Menschen – Kinder, Frauen und Männer – mit einem neuen Herz, Dünndarm, einer neuen Leber, Lunge, Niere, Bauchspeicheldrüse oder einer neuen Augenhornhaut ein „zweites“ Leben beginnen konnten.

Laut einer Statistik der DSO (Deutschen Stiftung Organtransplantation, Frankfurt) hoffen in Deutschland über 10.000 schwer kranke Menschen auf die Transplantation eines Organs. Die Transplantation ist für sie die einzige Möglichkeit, um zu überleben oder die Lebensqualität deutlich zu verbessern. Geholfen werden kann ihnen nur, wenn Menschen bereit sind, ihre Organe nach dem Tod zu spenden. Wird eine bewusste Entscheidung hierzu vor dem Tod getroffen, entlastet es auch die Angehörigen. Im Übrigen kann jeder Mensch selbst durch Unfall oder Krankheit in die Situation kommen, auf ein  Spenderorgan angewiesen zu sein.

Gesellschaftliches Thema – Leben durch Transplantation retten?
Nach wie vor herrscht in Deutschland Organmangel und für die betroffenen Patienten bedeutet das: Wartezeit – Zeit zwischen Hoffen und Bangen. Vielfach fehlt Aufklärung, die intensive Beschäftigung mit dem Thema, Angst und Unsicherheit. Die evangelische und katholische
Kirche in Deutschland bezeichnen Organspende als den „größten Akt der Nächstenliebe“.

Erst nach einer einwandfreien Diagnose zum Hirntod des Patienten, die von zwei voneinander unabhängigen Fachärzten nach den strengen Richtlinien der Bundesärztekammer und dem deutschen Transplantationsgesetz bestätigt wird, kann über eine mögliche  Organspende beraten werden.

„Der gesamte Ablauf vom Gespräch mit den Angehörigen, die Organentnahme und Versorgung des Leichnams verläuft auf jeden Fall sehr würdevoll“, betont Barbara Backer, Vorsitzende des Vereins Organtransplantierte Ostfriesland, die seit 13 Jahren mit einer neuen Leber lebt und den 25. Juni 2004 als „zweiten“ Geburtstag feiert. „Es war der vierte Anlauf in anderthalb Jahren und quasi Rettung in letzter Sekunde, nach zweieinhalb Jahren Wartezeit. Ich bin so dankbar, dass ich mit einer neuen Leber weiter leben darf!“

Deutschland verfügt über eine hohe Technologie, prädestinierte Ärzte und moderne Krankenhäuser, steht aber europaweit mit den  Organspendezahlen an letzter Stelle. „Für Organspende gibt es keine Altersbegrenzung – vom ersten Tag bis zum letzten Tag eines  Menschenlebens können Organe gespendet werden. Ganz wichtig ist die Berücksichtigung, dass jedes Leben gleich wertvoll ist – ein sozialer Status spielt keine Rolle“, erklärt Backer, die sich mit vielen weiteren Helferinnen und Helfer im Verein Organtransplantierte Ostfriesland engagiert, um Betroffene zu begleiten und öffentlich zu informieren. „Die Fragen zur Organspende haben sich inmeinen 22 aktiven Jahren nicht verändert und noch immer fehlt die Unterstützung aus der Politik“, kritisiert die Transplantierte.

Und so geht’s?

Wohl die meisten Menschen stehen einer Organ- und Gewebespende positiv gegenüber, doch es fehlt die schriftliche Zustimmung. Dabei ist das Ausfüllen des Organspenderausweises kinderleicht. Gerne geben Krankenkassen Hilfestellung und beim Infotelefon Organspende unter der gebührenfreien Rufnummer 0800 – 9040400 erhalten Bürgerinnen und Bürger Antworten auf persönliche Fragen zu diesem Thema.

 

Quelle:  2017-11-03 NWZ Oldenburger Nachrichten