Unterschiedliche Reaktionen auf Organspende-Abstimmung
Nach einer emotionalen Debatte im Bundestag haben die Abgeordneten gestern mehrheitlich eine Widerspruchslösung für
Organspenden abgelehnt. Künftig soll die sogenannte Erweiterte Entscheidungsregelung gelten.
Vertreter aus Ostfriesland bewerten die Abstimmung sehr unterschiedlich. Die Reaktionen reichen von Erleichterung bis zur großen Enttäuschung.
Barbara Backer vom Verein »Organtransplantierte Ostfriesland « ist mehr als enttäuscht. Die Vorsitzende und ihre Mitstreiter hatten sich im Vorfeld für die doppelte Widerspruchslösung stark gemacht. »Das war ein schwarzer Tag für unseren Einsatz. Deutschland hat nichts gelernt «, sagte Barbara Backer gestern nach der Abstimmung. Dabei würde weltweit in einem Großteil der Länder schon die Widerspruchslösung gelten. »In Deutschland nehmen wir gerne«, sagte Backer. Umgekehrt sehe das mit der jetzigen Ablehnung der doppelten Widerspruchslösung anders aus. »Die Abstimmung ist ein Armutszeugnis an Solidarität gegenüber den anderen Ländern«, kritisiert Barbara Backer. »Wir wollten nicht, dass jeder Organspender wird, sondern eine Entscheidung trifft«, betonte die Moormerländerin.
»Ich hätte gegen den faktischen Automatismus einer Widerspruchslösung und für eine Entscheidungslösung votiert. Dennoch hätte ich mir eine höhere Verbindlichkeit bei der Abfrage jedes mündigen Bundesbürgers gewünscht«, sagte der reformierte Kirchenpräsident Dr.Martin Heimbucher aus Leer. Er bejahe die Organspende und sehe die Not vieler, die auf ein Spenderorgan warten. »Wenn davon auszugehen ist, dass die meisten von uns als Betroffene ein Spenderorgan annehmen würden, dann ist umgekehrt auch von allen zu erwarten, dass sie sich zu der Frage äußern, ob sie auch selber zur Spende ihrer Organe bereit wären oder nicht. Das sollten wir alle jetzt auf freiwilliger Basis tun«, sagte Martin Heimbucher.
Auch der lutherische Landesbischof Ralf Meister begrüßt die getroffene Entscheidung zur Organspende. »Aus meiner Sicht darf niemand zu einer Entscheidung gezwungen werden. Dennoch bleibt es weiter – und ganz unabhängig davon, was jetzt gesetzlich geregelt wurde – in der Verantwortung jedes einzelnen Menschen, eine Entscheidung zu treffen. Deshalb muss das neue Gesetz
jetzt rasch umgesetzt werden. Die Frage der Organspende ist immer eine höchst persönliche und emotionale. Es ist eine Entscheidung, die in die tiefsten Schichten der menschlichen Seele hinuntersteigt. « Meister selbst hat einen Organspendeausweis.
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Quelle: Rheiderlandzeitung, Freitag, 17. Januar 2020